Der UN-Antirassismus-Ausschuss wird auf seiner Sitzung vom 27. April – 15. Mai 2015 den 19.-22. Staatenbericht Deutschlands nach Artikel 9 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung behandeln. Dabei überprüft der Ausschuss, wie Deutschland seine Verpflichtungen aus der UN-Antirassismus-Konvention (ICERD) umgesetzt hat und spricht Empfehlungen für weitere Handlungsschritte aus.
Der TBB hat hierzu gemäß den bestehenden Möglichkeiten für Nichtregierungsorganisationen innerhalb des Verfahrens einen Parallelbericht verfasst. Dieser soll laut Verfahren dazu beitragen, unzureichende Umsetzungen der jeweiligen Menschenrechtsverpflichtungen aufzuzeigen und Lücken bzw. Fehler des Staatenberichts zu verdeutlichen oder über besondere Themen beziehungsweise Defizite zu berichten. Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg bezieht sich in seinem Parallelbericht vorrangig auf die CERD-Entscheidung vom 04. April 2013 im Fall TBB ./.Bundesrepublik und die ausgesprochenen Empfehlungen des Ausschusses an die Bundesregierung.
Zur Vorgeschichte: Der TBB hatte bei der Berliner Staatsanwaltschaft einen Strafantrag wegen Volksverhetzung und Beleidigung gegen Thilo Sarrazin wegen dessen Äußerungen in der Zeitschrift „Lettre International“ im Herbst 2009 gestellt. Das Verfahren wurde eingestellt, ein Widerspruch des TBB blieb erfolglos. Daraufhin wandte sich der Türkische Bund an CERD. Die Entscheidung des Ausschusses erfolgte am 04. April 2013. Darin heißt es: „Der Ausschuss kommt daher zu dem Schluss, dass das Versäumnis einer effektiven Untersuchung… durch den Vertragsstaat … eine Verletzung der Konventionen (über die Beseitigung jeder Forum von Rassendiskriminierung) darstellt.“
Die CERD-Entscheidung können Sie hier einsehen. (im Englischen Original und eine zusammenfassende Übersetzung des TBB) zusammenfassenden Empfehlungen und Forderungen an die Bundesregierung des TBB aus dem Parallelbericht lauten:
a. Änderung des Strafgesetzbuchs zur Umsetzung der Konvention durch
i. Schaffung eines eigenen Straftatbestands gegen (rassistische) Diskriminierung und/oder
ii. Änderung des § 130 StGB entsprechend den Empfehlungen des Ausschusses und/oder
iii. Reform des Beleidigungstatbestands für die effektive Ahndung von rassistischen Kollektivbeleidigungen
b. konventionskonforme Auslegung der geltenden Strafrechts, z.B. der Beleidigung, der üblen Nachrede, des Beschimpfens von Religionsgemeinschaften und der Volksverhetzung durch Strafverfolgungsbehörden und Gerichte. Für die Strafverfolgungsbehörden sollten hierzu Richtlinien erlassen werden. Gerichte sollten entsprechende Informationen über die Rechtsprechung des Ausschusses erhalten.
c. verpflichtende Schulungen für Mitarbeiter_innen von Strafverfolgungsbehörden und in der juristischen Ausbildung zur Sensibilisierung für Rassismus und vorurteilsbewusstes Handeln, insbesondere zur konventionsgetreuen Abgrenzung von Rassismus und Meinungsfreiheit.
d. Ausweitung des Schulungsangebots zur Sensibilisierung für Rassismus und zu vorurteilsbewusstem Handeln für Richter_innen, verpflichtende Schulungen für Richter_innen auf Probe, insbesondere zur konventionsgetreuen Abgrenzung von Rassismus und Meinungsfreiheit.
e. breite Veröffentlichung der Empfehlungen aus CERD Communication 48/2010 im Zuge der Veröffentlichung der zu erwartenden Empfehlungen des Ausschusses im laufenden Staatenberichtsverfahren, einschließlich Information der Strafverfolgungsbehörden und Richter_innenschaft
Den vollständigen Parallelbericht des TBB zum Stand der Umsetzung der Pflichten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 4 und Art. 6 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung durch die Bundesrepublik Deutschland dargestellt anhand des Stands der Umsetzung der Empfehlung des Ausschusses in der Sache TBB gegen Bundesrepublik Deutschland (Communication No. 48/2010) kann hier eingesehen werden.