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Diskriminierung in Berlin sichtbar machen!

Das Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg (ADNB des TBB) veröffentlicht seinen neuen Antidiskriminierungsreport und blickt zurück auf 10 Jahre Antidiskriminierungsarbeit in Berlin.

Die Auswertungen der Diskriminierungsmeldungen 2011 bis 2013 der Beratungsstelle des ADNB des TBB zeigen ein unverändert erschreckendes Bild von Fällen bezüglich Alltagsrassismus und Diskriminierungen in Berlin: Menschen werden aufgrund ihrer (zugeschriebenen) Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihres Namens, ihrer Religion und/oder anderer Merkmale, die Auslöser von Zuschreibungen als „anders“ und „fremd“ sind, ausgegrenzt, beleidigt und benachteiligt. Dabei wird wie in den vergangenen Antidiskriminierungsreports deutlich, dass Diskriminierungen überall geschehen: in der Schule, auf dem Wohnungsmarkt, bei der Arbeitsplatzsuche, bei Behörden oder auf der Straße. Wie aber können sich Betroffene zur Wehr setzen? Was kann man/frau tun um die meist geleugnete und vertuschte Diskriminierung sichtbar zu machen und wie sollte Unterstützung in diesen Fällen aussehen? „Leider nehmen viele Arbeitgeber_innen Diskriminierungsbeschwerden nicht ausreichend ernst. So haben viele Arbeitsstellen kein effektives Beschwerdemanagement, wie es gesetzlich vorgesehen ist“, so Eva Maria Andrades,  Projektleiterin des ADNB des TBB.

Der Report nennt neben den Fallzahlen der letzten Jahre auch Beispielsfälle von Diskriminierungen und dokumentiert die Arbeit der interdisziplinär agierenden Beratungsstelle des ADNB des TBB. Insbesondere ist zu beobachten, dass die Diskriminierungen von Muslima, die ein Kopftuch tragen, in den letzten Jahren ein gewichtiges Thema in der Beratung ist. Vielen Arbeitgeber_innen scheint es dabei an einem Unrechtsbewusstsein zu fehlen, wenn sie die Bewerberinnen vor die Wahl stellen „Kopftuch oder Job“. Anders als bei Diskriminierungen aufgrund anderer Merkmale wird dies auch häufig offen ausgesprochen. Aber auch in anderen Lebensbereichen erfahren diese Frauen und Mädchen aufgrund ihres Kopftuches Ablehnung, so z.B. durch abfällige Bemerkungen von Passant_innen auf der Straße oder Problematisierung des Kopftuchs in der Schule. Es zeigt sich auch immer wieder, dass viele Menschen, auch zum Teil Behörden, ein unzureichendes Verständnis des sogenannten Neutralitätsgesetzes haben und das Gesetz zuungunsten von Muslima zu weit auslegen.

Der Report bietet darüber hinaus einen Rückblick auf die zehnjährige erfolgreiche Arbeit des ADNB des TBB. Als eine der ersten Beratungsstelle gegen Diskriminierung einer Migrant_innenselbstorganisation ist das Empowerment der Betroffenen von rassistischer Diskriminierung das Hauptanliegen das ADNB des TBB. Dafür bedarf es neben der Bildungsarbeit auch Vernetzungsarbeit und Öffentlichkeitsarbeit. Das ADNB des TBB hat bereits vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)  gearbeitet und konnte sich somit erst seit 2006 bei seiner Beratungsarbeit auf die gesetzlichen Vorgaben stützen. Das AGG ist seitdem in der Beratungsarbeit unverzichtbar, auch wenn das Gesetz an vielen Stellen unzureichend ist. In Berlin fehlt es noch immer an einem gesetzlichen Diskriminierungsschutz im Bildungsbereich, so wie es die Europäische Antirassismus-Richtlinie vorsieht. Der bereits bestehende Entwurf eines Landesantidiskriminierungsgesetzes liegt nun seit 2011 unbeachtet vom Senat in der Schublade.

Ein Gesetz allein wird aber zu keinem durchgreifenden Wandel führen. Menschen lassen sich nicht per Gesetz diktieren, was sie zu denken haben. „Daher braucht es viel mehr Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit über Rassismus im Speziellen und Diskriminierung im Allgemeinen, und zwar von klein an!“, so Eva Maria Andrades. Diese Themen sollten schon in der frühkindlichen Erziehung mehr Beachtung finden, wie insgesamt alle Menschenrechte in Bildung und Ausbildung fester Bestandteil sein sollten.

Für die Zukunft ist zu wünschen, dass der Senat in Berlin und die Bundesregierung dem Thema Diskriminierung einen wichtigen Platz in der politischen Agenda einräumen und die Beratungsstrukturen institutionell verankern.

Kontakt:

Eva Maria Andrades

Projektleitung ADNB des TBB

Tel: 030-61305328

adnb@tbb-berlin.de