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Gemeinsame Erklärungen zu den Äusserungen von Prof. Dr. Dieter Lenzen

Mit Verwunderung und Empörung haben wir die Äußerungen des Präsidenten der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Dieter Lenzen, zur Kenntnis genommen, dass laut einer Studie aus Hannover „der Intelligenzquotient bei türkischen Migranten niedriger sein kann“. Die Sprachdefizite bei Kindern türkischer Herkunft bei der Einschulung sind seit langem bekannt. Dass diese Defizite Lern- und möglicherweise Sozialkompetenzdefizite mit sich bringen auch. Die Studie, auf die sich Prof. Lenzen bezieht, die sog. Hannoversche Grundschulstudie, stellt auch keine geringere Intelligenz bei türkischen Kindern fest, sondern verweist bei ihren durchschnittlich schwächeren Schulleistungen auf die sprachlichen und sozialen Lernerschwernisse und auf die Notwendigkeit, dass die öffentliche Schule sich intensiver und frühzeitiger um gezielte Förderung bemühen muss. Genau auf das muss die Berliner Schule setzen.
Kinder mit Migrationshintergrund haben in dem letzten Jahrzehnt auch große Bildungserfolge erzielt und sind in allen Bereichen der Gesellschaft in hervorgehobenen Berufen und Positionen präsent. In Berlin sind unter den besten Abiturientinnen und Abiturienten viele türkischer Herkunft  anzutreffen.
Die vorschulischen Sprachstandsfeststellungen in Berlin („Bärenstark“ bzw. „Deutsch plus“) haben gezeigt, dass ca. 30 % der Kinder deutscher Herkunftssprache die deutsche Sprache nicht altersgemäß beherrschen. Dieser Befund zeigt, dass es sich ursächlich um ein Schichtenproblem handelt, das womöglich durch den Migrationshintergrund verstärkt wird. D.h. auch, dass die Ursachen für die bekannten Sprachdefizite nicht ethnisch bedingt sind, sondern einen sozialen Hintergrund haben.
Prof. Lenzen ist vorzuwerfen, dass er, der erfahren ist in der Wirkung von öffentlichen Worten, sich nicht scheut, bei türkischen Migranten geringere Intelligenz zu unterstellen, und wenig später so tut, als ob das alles ein Missverständnis sei. Wir erwarten von Prof. Lenzen, sich für seine Äußerungen öffentlich zu entschuldigen und zu einer sachlichen Diskussion zurückzufinden. Herr Lenzen als ein anerkannter Bildungsexperte sollte auch wissen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund in den PISA-Siegerländern sehr gute Ergebnisse erzielen. Die Frage muss daher lauten, was müssen unsere Schulen besser machen.
Wir erwarten von den Senatoren Flier und Böger eine deutliche Stellungnahme zu den untragbaren Äußerungen von Prof. Lenzen!

• Safter Ç?nar (0170 224 99 85), Vorsitzender des Türkischen Elternvereins in Berlin-Brandenburg
• Sonay Ataç (0173 604 95 14), Vorstandsmitglied des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg
• Celal Altun (0177 248 06 23), Generalsekretär der Türkischen Gemeinde zu Berlin
• Prof. Dr. Ulf Preuss-Lausitz, Erziehungswissenschaftler (TU-Berlin)
• Özcan Mutlu (0177 441 35 07), MdA, Bü90/Die Grünen, Bildungspolitiker
• Dilek Kolat (0177 492 71 83), MdA, SPD
• Mehmet Daimagüler, Ehrenvorsitzender der Liberalen-Türkisch-Deutsche-Vereinigung (LTD)