von Dr. Karin Drong
(Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin e.V.)
18.3.2023
Modul 4 – Natur im Kiez
Nach den Gefriertemperaturen der letzten Tage ist es heute plötzlich 18 Grad warm: Das perfekte Wetter für einen Ausflug zum Ökowerk am Teufelssee im Grunewald. Auf dem Gelände des ältesten noch erhaltenen Wasserwerks Berlins, das nach seiner Außerbetriebnahme vor über 50 Jahren vom Dampfmaschinenbetrieb in ein Naturschutzzentrum umgewandelt wurde, begrüßt uns Karin. Im Hintergrund hören wir einen Wassersprudler, über den wir später mehr erfahren werden. Karin führt Veranstaltungen durch, in deren Rahmen die Bürger*innen der Stadt etwas über die Ökologie des Teufelssees sowie des angrenzenden Teufelsmoores lernen können. Nachdem sie uns in die Programmatik des Ökowerks eingeführt und einen Workshop mit praktischen Elementen angekündigt hat, fragt sie uns nach unseren jeweiligen Zugängen zum Thema Klimawandel. Obwohl noch nicht alle ihren Weg ins Naturschutzzentrum gefunden haben, machen wir eine Vorstellungsrunde. Danach fasst Karin die Vereinsgeschichte ihrer Organisation zusammen und erzählt uns, dass ein wichtiges Anliegen des 1985 gegründeten Ökowerks darin besteht, die Pegelstände des Teufelssees und des ihn umgebenden Teufelsmoores zu halten, nachdem sie erstens von 1873 bis 1969 durch das Wasserwerk und zweitens aktuell mit der ungleich höheren Wasserentnahme der Brunnengalerie an der Havel und wohl auch mit dem Klimawandel gesunken sind. Damit geht der Versuch einher, die Habitate verschiedener Tierarten wiederherzustellen, die schon fast vollständig zerstört worden waren.
Karin meint, dass ein sinnliches Erleben ökologischer Zusammenhänge wichtig ist, um die eher abstrakte Klimakrise richtig einordnen zu können. Dieser Aufgabe widmen sich die bildungspolitischen Programme des Ökowerks. Dem Team liegt daran, dass nicht nur eher privilegierte Gesellschaftsschichten entsprechende Angebote wahrnehmen. Deswegen gibt es mit dem Leben im Großstadtdschungel (LiG) ein spezielles Angebot für Schulen mit besonderen Konditionen. Nachdem Karin uns vom Moor als Lebensraum für Amphibien und Insekten berichtet hat, beginnen wir mit der praktischen Übung des heutigen Nachmittags: Aus Lehm kneten wir Saatpralinen. Karin beklagt, dass die Erde, die heute bspw. in Blumencentern angeboten wird, Torf enthält, der Moorflächen entnommen wird, wo er bzgl. klimatischer Verhältnisse sogar mehr CO2, Methan und andere Treibhausgase binden kann als Bäume und Pflanzen. Mustafa findet das unglaublich und will bald mal die Moore hier besuchen. Marinette bemerkt, dass befeuchtete Lehmkugeln schnell trocknen, was ihren Transport erleichtert. Karin gesteht, nicht zu begreifen, warum Gärtner*innen Erde kaufen, obwohl ihre Aufgabe doch eher darin bestehen sollte, Erde zu machen.
Im Anschluss führt Karin uns zum nahegelegenen Sprudler. Dort teilt sie uns mit, dass dieser die Aufgabe hat, Eisen aus dem Grundwasser zu filtern und es in den Teufelssee zu pumpen, um ihn zu vernässen. Seit 1873 wurde auf dem Gelände des heutigen Ökowerks Grundwasser zu Tage befördert, um die Versorgung westlicher Teile Berlins mit dieser Ressource zu gewährleisten. Heute sei es wichtiger denn jemals zuvor, auch die Pegelstände der nahe gelegenen Moore als CO2-Speicher wenigstens zu halten, was wegen der kontinuierlichen Grundwasserabsenkung nicht leicht ist. Obwohl das Wasserwerk seine Tätigkeit dann schon längst eingestellt hatte, ist der Wasserverlust des Teufelssees nach der Stillegung des Wasserwerks 1969 stärker vorangeschritten als jemals zuvor. Karin erzählt uns von den hiesigen Fröschen und Molchen. Sie erläutert, inwiefern Moore Lebensräume für Amphibien sind, die sich im Winter in sie eingraben und im Frühjahr offene Wasserflächen brauchen. Je nach Art stellen sie dann unterschiedliche Ansprüche an die Beschaffenheit der Uferzonen und an ihre Sommerquartiere.
Bevor wir uns in den unterirdischen Reinwasserspeicher begeben, sprechen wir über die vergangene Praxis, Stangeneis zum Kühlen von Lebensmitteln zu verwenden. Dann führt uns Karin in ein halliges Gewölbe, das dem Wasserwerk damals als Reinwasserbehälter diente. Es ist sehr kühl, eigentlich sogar kalt. Die Akustik dort unten ist beeindruckend. Sallaheddin bereut es, seine Querflöte zu Hause gelassen zu haben. Er würde sie gerne in diesem Raum spielen. Ali fallen kleine, hoch gelegene Fenster auf, hinter denen Dunkelheit liegt. Karin teilt uns mit, dass es drei solcher Gewölbe gibt. Vonseiten des Ökowerks bestehe der Plan, zumindest einen von ihnen bald als Eisspeicher zu nutzen. Wenn Wasser zum Gefrieren gebracht wird, entsteht Energie, fügt sie hinzu, bevor wir uns wieder die Treppe hinauf ins warme Tageslicht begeben. Oben angekommen fragt Karin, was wir noch sehen wollen, bevor das Ökowerk für heute schließt. Zubaida hat dessen Internetseite studiert und weiß, dass dies um 18:00 der Fall sein wird.
Wir entscheiden uns dazu, zunächst das Maschinenhaus zu besichtigen, um am Ende in den Sandfilter zu gehen, wo früher das vom Wasserwerk nach oben gepumpte Wasser gereinigt wurde. Im Maschinenhaus weist uns Karin darauf hin, dass hier vier alte Dampfmaschinen stehen, deren Betrieb ein älterer ihrer ehemaligen Kolleg*innen noch erlebt hätte, bevor sie vor rund einem halben Jahrhundert stillgestellt wurden. Eine davon ist ein Original der Firma Wöhlert aus dem Jahre 1871. Am Ende begeben wir uns in einen der ehemaligen vier Sandfilter, in dem großformatige Reproduktionen alter Fotographien vom Beginn des 20. Jahrhunderts an den Wänden hängen. Sie zeigen Männer, die mühsam Sand schaufeln, der als Filter für das mit dem Luftsauerstoff ausgefällte Eisen diente, um das Wasser zu reinigen, das anschließend in Berliner Haushalten verbraucht wurde.
Ökowerk – Ökowerk (oekowerk.de)