KliK-Workshop 3: “Kolonialismus und Klimakrise”

von Dodo und Laura Bechert

19.1.2023

Modul 1 ­- Grundlagen 

Unser erster Workshop im neuen Jahr fand online via Zoom statt und wurde von zwei der drei Autor*innen einer Broschüre, die von der BUNDjugend herausgegeben wurde, geleitet. Er wurde zwar teilweise akustisch mitgeschnitten, das so entstandene Material darf jedoch nicht veröffentlicht werden. Der einleitende Teil der Präsentation von Dodo und Laura zur historischen Verschränkung von Kolonialismus und Klimakrise durfte nicht aufgezeichnet werden, wird hier aber kurz zusammengefasst. Zunächst erklärten die Workshopleiter*innen, dass der Klimawandel nicht erst, wie oft angenommen, mit der Industrialisierung begann, sondern mit der gewaltvollen Eroberung anderer Kontinente durch Europa seit Mitte des 15. Jahrhunderts. Beim europäischen Kolonialismus handelt es sich um ein sozio-ökologisches Welt- und Gesellschaftsbild, das unter anderem über Jahrhunderte hinweg zur Unterdrückung und/oder Vernichtung unzähliger Wissenssysteme sowie der Ausbeutung von Menschen und “Natur” führte. Rassismus als gesellschaftliches Ordnungsprinzip sprach kolonisierten Menschen dabei ihr Menschsein ab. Auch die Vorstellung einer Natur, die von Menschen losgelöst sei und als Ressource ausgebeutet wurde, hängt mit diesen gewaltsamen Prozessen zusammen.

Dodo und Laura verwiesen darauf, dass die heutigen globalen Machtstrukturen über Jahrhunderte hinweg im Zuge des europäischen Kolonialismus aufgebaut wurden. weiße Kolonisator*innen zogen ungeachtet bestehender Verhältnisse Grenzen und teilten so die Welt in Länder ein, wie wir sie heute kennen. Die ehemaligen Kolonien werden heute oft als Länder des Globalen Südens bezeichnet, da sie sich global betrachtet in einer wirtschaftlich und politisch benachteiligten Position befinden. Im Gegensatz dazu befinden sich Länder des Globalen Nordens bis heute durch Ausbeutung in einer privilegierten Position. In den Ländern des Globalen Nordens ist es bspw. selten gefährlich, sich gegen Klimazerstörung einzusetzen, während es in vielen Ländern des Globalen Südens lebensbedrohliche Risiken mit sich bringt. Diesbzgl. zeigte Laura mehrere Portraits von BIPoC, die den meisten Teilnehmenden zunächst unbekannt waren und erläuterte, dass sie in Nigeria, Honduras, Kolumbien und Ägypten im Kampf für Menschenrechte und gegen Umwelt- und Klimazerstörung entweder ihre Freiheit eingebüßt oder mit dem Leben bezahlt hätten.

Klimaschutz ist etwas anderes als Klimagerechtigkeit, so Laura. Während Klimaschutz oft bestimmte Privilegien erfordert und die vielen sozialen Facetten der Klimakrise ausblendet, fokussiert das Konzept der Klimagerechtigkeit die kolonialgeschichtlichen Aspekte von Umweltfragen, wie sie bspw. in den 2002 formulierten Bali Principles of Climate Justice enthalten sind. Dodo nahm diesen Faden auf und meinte, dass der aktuelle Klimawandel das Ergebnis kolonialer Ausbeutungsprozesse ist und als soziales Problem betrachtet werden muss, das sich nicht rein technisch, sondern nur politisch lösen lässt.

Um diesen Punkt zu verdeutlichen, präsentierte Dodo zwei Zitate nicht-weißer Aktivist*innen: Das von Daphne Frias las Valentina vor, das von Francia Márquez wurde von Sallaheddin vorgetragen. Daran anschließend betonten die beiden Workshopleiter*innen, dass Klimagerechtigkeit nur zu erreichen ist, wenn die Länder des heutigen Globalen Nordens Verantwortung für ihre kolonialgeschichtlichen Verbrechen übernehmen. Dies geht weit über Klimaschutz und den Glauben an E-Mobilität hinaus und erfordert, wie Laura ausführte, eine kritische Reflektion auf die eigene Positionierung v.a. weißer Menschen, die sich allzu oft als Retter*innen verstehen, ohne die gesellschaftlichen Dimensionen der Klimakrise zu erkennen. Danach tauschten wir uns in Breakout-Räumen und kleineren Gruppen zu der Frage aus, wie sich als Klimabotschafter*in das komplexe Problem der Klimagerechtigkeit behandeln lässt, was zwischen Ali, Sallaheddin und Stefan zu Debatten über Europa und den Rest der Welt führte, bevor die Breakout-Session beendet wurde und wir kurz Marie Antoinettes Erzählung über Deutschlands koloniale Spuren im heutigen Kamerun verfolgen konnten.

Die abschließende Diskussion mit allen wurde auf Wunsch der Workshopleiter*innen wieder nicht aufgezeichnet. Auf Lauras Frage hin, was in den jeweiligen Breakout-Räumen besprochen wurde, stellte Lidia fest, dass wir alle im Alltag etwas tun können, etwa durch die Vermeidung von Plastik. Umweltbewusstsein müsse in kleinen Schritten entwickelt werden. Bamba unterstrich die Bedeutung von Sensibilisierungsprozessen. Valentina merkte an, dass Klimaschutz vor der eigenen Tür beginnen müsse. Sallaheddin thematisierte das Zusammenspiel so unterschiedlicher Institutionen wie Schulen und Medien im Kontext der Umweltbildung. Marie Antoinette kritisierte, dass Klimaschutz letztlich nur ein Wort sei. In Kamerun hätten die Menschen mit anderen Problemen zu kämpfen als in Deutschland. Valentina berichtete vom wegschmelzenden Permafrost in Sibirien. Marinette beschrieb die Kooperation internationaler Konzerne mit korrupten Regierungen im Globalen Süden und forderte realisierbare Lösungen. Hierfür müssten die egoistischen Motive v.a. Europas zurückgenommen werden. Vinh sagte, es sei manchmal erforderlich, mit etwas anzufangen, ohne eine Orientierung zu haben. Er selbst weigere sich bspw., Kaffee-Kapseln zu kaufen. Rodrigue forderte, mehr Fahrrad zu fahren, um dem drohenden Klimakollaps individuell etwas entgegenzusetzen.

Am Ende boten Dodo und Laura eine Feedback-Runde an, in deren Rahmen Elizabeth den Wunsch äußerte, Workshops dialogischer zu gestalten. Insgesamt jedoch waren alle sehr zufrieden mit der Veranstaltung, die uns, wie Ali es beschrieb, ernsthaft zum weiteren Nachdenken inspiriert hat.

Broschüre „Kolonialismus & Klimakrise. 500 Jahre Widerstand“ von Laura Bechert, Dodo und Shaylı Kartal (Hrsg.)