Anlässlich des 2. Jahrestages der Aufdeckung der NSU Morde fand am 02.11.2013 in Berlin eine Demonstration statt.
Organisiert wurde diese Demonstration vom “Bündnis gegen Rassismus”, zu dessen Unterstützern der TBB gehört.
Mindestens eintausend Berliner_innen gingen für eine solidarische Gesellschaft ohne Rassismus auf die Straße.
Auf der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor hielt Ayşe Demir, Vorstandssprecherin des TBB, eine Rede, in der sie insbesondere den Zusammenhang zwischen Populismus und Rassismus betonte:
„Liebe Freundinnen und Freunde,
wir als der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg möchten euch allen für eure Teilnahme an der heutigen Demonstration danken.
Als die NSU Morde vor zwei Jahren aufgedeckt wurden, waren viele Personen, darunter Politiker_innen und Journalisten „schockiert“
Auch wir waren zunächst erstaunt, insbesondere weil über ein Jahrzehnt Menschen unbehelligt durch Bombenanschläge verletzt und mindestens zehn Menschen kaltblütig ermordet werden konnten. Doch schockiert waren wir nicht. Denn die Vermutung, dass hinter diesen Morden rassistische Motive sein könnten, war schon immer da. Dies wurde auch zum Ausdruck gebracht, darauf eingegangen wurde jedoch nicht.
Wir haben dies vermutet und geahnt, weil jahrelang rechtspopulistischen Aussagen von Politikern Raum gegeben worden ist und weil diese Aussagen beim größten Teil der
Mehrheitsgesellschaft Zuspruch fand.
Wir haben dies vermutet und geahnt, weil jahrelang Alltagsrassismus und Populismus verharmlost wurden. Also warum sollen wir dann schockiert sein, wenn Menschen, nur weil sie nicht „deutsch genug aussehen“, angegriffen und auch ermordet werden. Tatsache ist, dass Populismus Nährboden für rassistische Übergriffe und rassistische Morde bietet. Aus diesem Grund darf Populismus nicht länger salonfähig bleiben und muss geächtet und gestoppt werden. Die NSU ist die extreme Form von Rechtspopulismus.
Wir fordern eine umfassende strafrechtliche Aufklärung aller rassistischen Morde und Anschläge. Es müssen auch die Personen und Institutionen in den Blick genommen werden, die eine Aufdeckung behindert haben. Aufgeklärt werden müssen die mittel- und unmittelbaren Verbindungen zu staatlichen Organen sowie die Verantwortung für die sogenannten Ermittlungspannen und Aktenvernichtungsskandale. Daneben ist eine politische Aufarbeitung der Vorgänge und Strukturen notwendig, die zum Versagen staatlicher Organe beim Schutz vor rechtsextremen und rassistischen Gewalttaten geführt haben. Jahrelang haben die Ermittlungsbehörden rassistische Mordmotive ausgeschlossen. Die einseitigen Ermittlungen in Richtung „Ausländerkriminalität“ haben gedanklich die Opfer zu Mittätern gemacht und die Familien der Opfer auf unerträgliche Weise zusätzlich belastet und schikaniert. Dieser nun eingestandene sogenannte Ermittlungsfehler liegt in latent rassistischen Strukturen der Ermittlungsbehörden.
Liebe Freundinnen und Freunde,
unser Problem heißt Rassismus. Aus diesem Grund ist eine gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung mit rassistischen und rechtsextremen Einstellungen in der Bevölkerung unabdingbar! Denn wir sind uns alle bewusst, dass die NSU Morde nur die Spitze des Eisberges sind.
Ayşe Demir
Vorstandssprecherin des TBB