KliK-Workshop 10: „Die Küche, das Bad und die Klimakrise”

von Gülcan Nitsch

(Yeşil Çember ökologisch interkulturell gGmbH)

16.10.2023

Modul 2 ­– Klimabewusster Haushalt

Eigentlich hätten wir uns heute in den Räumlichkeiten von Yeşil Çember im Wedding getroffen, um vor Ort über Chemikalien zu sprechen, die viele von uns in unseren Haushalten verwenden, die jedoch ebenso gesundheits- wie umweltschädlich sind. Aufgrund einer Erkrankung von Gülcan Nitsch haben wir uns spontan dazu entschieden, den von ihr geleiteten Workshop, den letzten in diesem Jahr, online via Zoom abzuhalten. Gülcan ist Gründerin und Geschäftsführerin von Yeşil Çember, was sich mit „Grüner Kreis“ ins Deutsche übersetzen lässt. Seit 2012 bemüht sich Gülcans Organisation darum, ein Bewusstsein für ökologische Themen und nachhaltiges Handeln v.a. in den Communities türkeistämmiger Bürger*innen zu vermitteln. Außerdem unterstützt Gülcan weiß-deutsche Umweltverbände bei ihren Öffnungsprozessen, etabliert europaweite ökologische Netzwerke und hat die Türkisch-Deutschen Umwelttage initiiert, die mittlerweile in vielen Städten stattfinden. Sie freut sich sehr auf den Austausch mit uns als KliK-Gruppe, weil wir heterogen sind und, so ihr Eindruck, in vergangenen Workshops bereits eine Menge an Wissen gewonnen haben, an das sie in der vor uns liegenden Veranstaltung anknüpfen will.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde kündigt Gülcan an, uns in den nächsten Stunden über problematische Inhaltsstoffe informieren zu wollen, die in vielen Putz- und Waschmitteln enthalten sind, die in Bädern und Küchen zum Einsatz kommen. Zu Beginn des Workshops gesteht Stefan, seine Waschbecken regelmäßig mit Chlor zu reinigen, um Kalkspuren zu entfernen und sie glänzen zu lassen. Gülcan findet das gar nicht gut und meint, es gäbe gesundheits- und umweltschonendere Substanzen, welche dieselben Effekte erzielen. Hierüber will sie uns heute aufklären und uns auch Rezepte nahelegen, anhand derer wir auf nachhaltige Weise unsere eigenen Reinigungsmittel produzieren können.

Die schlimmsten Inhaltsstoffe konventioneller Reinigungsmittel sind synthetische Tenside, Duftstoffe und Konservierungsstoffe. Synthetische Tenside werden aus der knappen Ressource Erdöl gewonnen. Obwohl sie laut einer EU-Verordnung „biologisch abbaubar“ sein müssen, ist diese nicht allzu strenge Vorgabe schon erfüllt, wenn nach vier Wochen 60% abgebaut sind. Eine Alternative zum Erdöl sind nachwachsende Rohstoffe wie bspw. Palmöl, dessen Verwendung ebenfalls nicht nachhaltig ist, weil es mit der Abholzung riesiger Regenwaldflächen im globalen Süden zusammenhängt. Deshalb bietet sich der Einsatz von Hausmitteln an, doch dazu später mehr. Duftstoffe wiederum können bei Menschen Allergien und Hautreizungen auslösen. Trotzdem finden sie sich in fast allen handelsüblichen Putz- und Waschmitteln sowie in Weichspülern.

Nur 26 besonders allergene Duftstoffe müssen ab einer Konzentration von 0,01 Prozent als solche deklariert werden. Über das Abwasser gelangen sie in ökologische Kreisläufe, wo sie nur schwer abbaubar sind. Für die Flora und Fauna sind sie reinstes Gift. Dasselbe gilt für antibakterielle Mittel: Sie enthalten Chlorverbindungen, die nicht nur die Atemwege reizen, sondern nachgewiesenermaßen zu hormonellen Änderungen und sogar Krebs führen können. Zusätzlich unterstützen sie leider die Resistenzen von Menschen nicht wohlgesonnenen Mikroorganismen. Selbst die besten Kläranlagen vermögen es nicht, sie restlos aus zukünftigem Trinkwasser herauszufiltern. Stark belastet wird das Abwasser unserer Städte und Gemeinden auch von Bleichmitteln, die mit Chlor wirken, wie die Flasche, die Stefan zu Beginn der heutigen Sitzung präsentiert hat. Natriumhypochlorid ist extrem umweltschädlich und u.v.a. WC-Reinigern, Rohrreinigern, Schimmelentfernern und Desinfektionsmitteln beigemischt. Auch optische Aufheller in Waschmitteln enthalten diese schädliche Substanz, die zu starken Reizungen führen kann, wenn entsprechende Kleidung mit sensibler Haut in Berührung kommt.

Ein weiteres Problem sind PFAS (wasser-, fett- und schmutzabweisende Chemikalien), die bspw. in Kosmetikprodukten, Verpackungen, beschichteten Bratpfannen und Regenjacken enthalten sind. Sie können ebenfalls nicht abgebaut werden und sind in vielerlei Hinsicht schädlich. Diesbzgl. verweist uns Gülcan auf einen interessanten NDR-Beitrag zum Thema. Jetzt zeigt uns Gülcan auf ihrem für unsere Zoom-Session geteilten Bildschirm ein Produkt, welches das Blauer Engel-Siegel trägt. Sie meint, dieses Label sei ein Indikator dafür, dass höhere Standards angelegt würden als nur die Verwendung nachwachsender Rohstoffe. Im Anschluss an ihre Ausführungen zu den vielen problematischen Komponenten herkömmlicher Reinigungsmittel verweist uns Gülcan auf die Internetseite utopia.de. Am Besten sei die Verwendung selbst produzierter Hausmittel, etwa von Waschmittel, das aus Kastanien hergestellt werden kann. Gülcan zeigt uns ein Rezept, das dieses für die aktuelle Jahreszeit sinnvolle Verfahren im Detail erklärt. Auch Geschirrspülmittel lässt sich einfach zu Hause machen. Benötigt werden hierfür nur biologische Kernseife, Wasser, Natron und ätherisches Öl.

Der vorletzte Block des heutigen Workshops ist der vom BUND e.V. angebotenen App ToxFox gewidmet, die wir alle auf unseren Smartphones installieren, bevor Gülcan uns darum bittet, damit die Barcodes von Kosmetikprodukten zu scannen, die wir nun aus unseren Bädern holen und in die Kameras unserer Laptops und Handys halten. Schnell wird uns klar, wie viele gesundheits- und umweltschädliche Substanzen auch in Kosmetikprodukten enthalten sind, die wir tagtäglich auf unserer Haut auftragen, mit denen wir uns ansprühen und unsere Zähne putzen. Obwohl sie zu manchen Produkten noch keine Informationen zur Verfügung stellen kann, wird die ToxFox-App kontinuierlich weiterentwickelt. Es gibt bereits eine Erweiterung, die es ermöglicht, damit Kinderspielzeug zu analysieren, das ebenfalls viele für Menschen, Tiere und Pflanzen ungesunde Komponenten enthalten kann.

Bevor wir unser Treffen mit der Beantwortung der Frage abschließen, was wir jeweils an unserem Konsumverhalten ändern würden, um der Klimakrise entgegenzuwirken, stellt uns Gülcan noch zwei Internetseiten vor. Zunächst den CO2-Rechner des Umweltbundesamtes und danach die Seite nachhaltiger-warenkorb.de, bei der es sich um einen Ratgeber für Umweltbewusstsein und sozialen Konsum handelt, von dem wir u.a. lernen können, dass 2.000 Liter Leitungswasser aus dem Hahn 1,8 Jahre lang als Trinkwasser reichen und 10 Euro kosten. Denselben Preis haben 18-72 Liter Flaschenwasser aus dem Supermarkt, die für nur sechs bis 24 Tage reichen, je nach konkretem Flaschenpreis und Marke. Am Ende verspricht Stefan, seine Waschbecken in Bad und Küche nie wieder mit Chlor reinigen zu wollen. Alle lachen. Der Rest der Gruppe macht konkrete Vorschläge, etwa Stoff- statt Plastiktüten zu benutzen, auf das Blauer Engel-Siegel zu achten, das Gelernte weiterzuerzählen, ToxFox beim Einkaufen zu verwenden, selber Waschmittel zu machen usw. Begeistert loggen wir uns aus, klappen unsere Laptops zu und machen Feierabend.

Yeşil Çember | Für ökologischen Wandel Menschen interkulturell bewegen (yesilcember.eu)