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NOCH LANGE NICHT AUFGEKLÄRT

Pressemitteilung des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg (TBB) zum 10. Jahrestag der Selbstenttarnung der NSU

Bildcollage NSU-Opfer

Vor genau zehn Jahren – am 04.11.2011 – flogen der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) und mit ihm seine rassistischen Verbrechen auf. Bundeskanzlerin Merkel versprach einige Monate später auf einer Gedenkfeier für die Opfer, die während der Ermittlungen teilweise selbst zu Tätern erklärt wurden, eine lückenlose Aufklärung der Verbrechen. Aber auch nach zehn Jahren können wir nicht von einer lückenlosen Aufklärung sprechen – im Gegenteil, es gibt immer noch mehr Fragen als Antworten. Immer noch haben wir bspw. noch keine Erklärung, warum wichtige Akten vernichtet wurden – selbst als angeordnet wurde, es nicht mehr zu tun. Immer noch wissen wir nicht, inwieweit die Ermittlungsbehörden im NSU-Komplex verstrickt waren.

Und auch zehn Jahre nach dem Auffliegen des NSU wurden Menschen Opfer des Rassismus in unserem Land. Der Mord an Burak Bektaş in Berlin 2012, der Mord an Luke Holland in Berlin 2015, Anschlag auf das OEZ in München 2016, der Mord an Walter Lübcke in Kassel 2019, der Anschlag in Halle 2019, der Anschlag in Hanau 2020 sind nur einige Beispiele davon. Fast tagtäglich werden Menschen, die „nicht Deutsch genug“ aussehen sowie deren Unterkünfte angegriffen. Immer wieder fliegen rechtsterroristischen Strukturen in der Polizei und bei der Bundeswehr auf.

„Wir wissen schon lange, dass wir das Problem des strukturellen Rassismus haben. Aus diesem Grund ist das Vertrauen – insbesondere der migrantischen Communities in die Ermittlungsbehörden tief erschüttert“ so Ayşe Demir, Vorstandssprecherin des TBB.

Dieses verlorengegangene Vertrauen könne aber nur wiederhergestellt werden, wenn die Politik den Willen und den Mut hat, rassistisch motivierte Verbrechen lückenlos aufzuklären, so Demir weiter.

Dafür bedarf es dringend unabhängiger und lückenloser Untersuchungen in staatlichen Stellen wie Ermittlungsbehörden und der Polizei.

Zudem sei auch eine gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung mit rassistischen und menschenverachtenden Einstellungen in der Gesellschaft unabdingbar.

In Gedenken an

  • Enver Simsek (38 Jahre), 9. September 2000, Nürnberg
  • Abdurrahim Özüdoğru (49 Jahre), 13. Juni 2001, Nürnberg
  • Süleyman Taşköprü (31 Jahre), 27. Juni 2001, Hamburg
  • Habil Kılıç (38 Jahre)29. August 2001, München
  • Mehmet Turgut (25 Jahre), 25. Februar 2004, Rostock
  • İsmail Yaşar (50 Jahre), 9. Juni 2005, Nürnberg
  • Theodoros Boulgarides (41 Jahre), 15. Juni 2005, München
  • Mehmet Kubaşık (39 Jahre), 4. April 2006, Dortmund
  • Halit Yozgat (21 Jahre), 6. April 2006, Kassel
  • Michèle Kiesewetter (22 Jahre), 25. April 2007, Heilbronn