Zwischen “Leuchtturmprojekten” und Krisen – Ein Rückblick auf die fünfte Berliner Landeskonferenz  der Migrant*innenorganisationen am 1. Dezember 2023


Am vergangenen Freitag fand unter Federführung des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg e.V. (TBB) die Berliner Landeskonferenz der Migrant*innenorganisationen (LKMO) statt.

Wie in den vergangenen Jahren erfolgte die inhaltliche Ausgestaltung im Dialog mit anderen Migrant*innenorganisationen (MOs) in Berlin.

Im mit Vertreter*innen aus mehr als 75 Organisationen, Parteien und Behörden voll besetzten Miriam Makeba Saal der Berlin Global Village gGmbH tauschten sich Vertreter*innen der MOs, der Landesverwaltung sowie der Politik rege zu grundsätzlichen und aktuellen Fragen aus.

Es herrschte weitgehender Konsens über die Tatsache, dass Migrant*innenorganisationen wichtige Expertise in zahlreichen Feldern zur Verfügung stellen, die weit über Themen wie Integration und Migration hinausweisen. Als Herausforderung wurde unter anderem identifiziert, dass die Initiativen, Vereine und Verbände jedoch allzu oft nicht von entsprechenden Fachverwaltungen wahrgenommen und gefördert werden.

Viel Raum nahmen auch die massiven strukturellen Probleme bei der Fallbearbeitung auf Seiten des Berliner Landesamtes für Einwanderung ein. Dadurch würden gesetzliche Aufgaben der öffentlichen Hand vernachlässigt, während unzählige, oft vulnerable Menschen in teils existentielle Nöte gerieten. Der politische Wille zur Besserung der Verhältnisse werde immer wieder bekundet, wirke aber angesichts der anhaltenden Missstände  auf viele Beteiligte wie ein bloßes Lippenbekenntnis.

Ferner wurde auf die Situation von Beratungsstellen eingegangen, die eine wichtige Funktion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Orientierung und den Schutz von Menschen in Berlin bekleideten. Trotz hoher Professionalität und wachsenden Bedarfen in der Bevölkerung seien sie jedoch prekär finanziert und würden von Seiten der Ämter, denen sie zuarbeiten, teils wenig Wertschätzung erfahren. Wege aus dieser für die Beratungsstellen nicht hinnehmbaren Situation ließen sich am effektivsten im Schulterschluss unterschiedlicher Migrant*innenorganisationen finden, weshalb eine weitere Vernetzung beteiligter Akteure angestoßen wurde.

Im Dialog mit Verwaltung und Politik nachgefragt wurde unter anderem nach dem Stand der Vorbereitungen des Landesdemokratiefördergesetzes.  Dies vor dem Hintergrund, dass der  Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses darüber unterrichtet wurde, dass Mittel für eine Expertise mit Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Akteure noch im laufenden Jahr bereitgestellt wurden. Betont wurde, dass die Erarbeitung des Landesdemokratiefördergesetzes in der Koalitionsvereinbarung sowie in den Richtlinien der Regierungspolitik verankert sind. Es wurde ebenfalls gefordert, dass Mittel im kommenden Haushalt eingestellt werden müssen, um das zu verabschiedende Gesetz auch umsetzen zu können.

Es wird erwartet, dass das Landesdemokratiefördergesetz eine strukturelle Förderung der zivilgesellschaftlichen Migrant*innenorganisationen ermöglicht.

Auf der LKMO haben die Vertreter*innen der beteiligten Organisationen unmissverständlich klargestellt, dass sie sich ausdrücklich dagegen wehren, dass Migrant*innen und Geflüchtete als Hauptgrund des Anstiegs des Rechtsradikalismus in Deutschland dargestellt werden. Politisch und auch medial bewusst erzeugte Feindlichkeit gegen Migrant*innen und Geflüchtete bis in die weite Mitte der Gesellschaft hinein dürfe nicht hingenommen werden.  

Neben den thematischen Diskussionen gab es Zeit zum informellen Austausch und zur Vernetzung. Im öffentlichen Teil am Nachmittag stellte unter anderem der 2023 neu konstituierte Landesbeirat für Partizipation seine Arbeit vor. Kurzfristige krankheits- und arbeitsbedingte Absagen stellten den Veranstaltungsverlauf vor einige Herausforderungen, die dank der Improvisationserfahrung der Berliner MOs, engagierten Diskutant*innen  und der eloquenten Moderation von Karim El-Helaifi souverän gemeistert wurden.

Dem TBB, der an diesem Tag auch seinen 32. Gründungstag beging, wurde von den Beteiligten spontan ein vielstimmiges Geburtstagsständchen gesungen, wofür wir uns herzlich bedanken wollen. Ebenso bedanken wir uns bei allen in der Planung und am Austausch beteiligten MOs, den Vertreter*innen aus Verwaltung und Politik, die sich dem teils kontroversen und unbequemen Gespräch stellten und natürlich der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, welche die Veranstaltung im Rahmen des Partizipations- und Integrationsprogramm gefördert hatte.

Wir blicken zufrieden auf die rege Teilnahme sowie die offenen Diskussionen zurück und freuen uns über die daraus hervorgegangenen Impulse.  Gemeinsam mit den anderen Berliner Migrant*innenorganisationen werden wir die Umsetzung der Ergebnisse der LKMO verfolgen.